Zum ersten Mal seit langer Zeit kommt die Batsheva Dance Company wieder nach Deutschland, das Leuchtfeuer des israelischen Tanzes. Das neueste Werk Momo ihres Spriritus Rector Ohad Naharin sorgt sich um den Verlust des Individualismus: Auf der Bühne bewegen sich eine harmonische Gruppe aus geschmeidigen, starken Männern und eine eigenwillige zweite Gruppe aus schrägen Typen in komischen Kostümen, die lässig tanzen, jeder auf seine eigene Weise. Sie suchen das freie Spiel, den Riss in der Matrix. Ohne direkt auf diese Lebenskünstler einzuwirken, beherrscht die Männergruppe immer stärker die Bühne, unterdrückt in ihrem perfekten Gleichklang alles, was sich anders gibt oder Grenzen überschreitet.
Das Kapitulieren vor dem Druck der Gruppe, das Sich-Fügen und Assimilieren ist ein brandaktuelles Thema. Naharin zeigt es in beklemmenden Bildern und in einer Atmosphäre trauriger Schönheit.
Gewählt hat er dazu Musik über eine Katastrophe, Songs aus dem Album Landfall von Laurie Anderson und dem Kronos-Quartett. Dort schildern hypnotische Klangskalen die Zerstörung durch den Hurricane Sandy. Zwischen Klassizismus, Minimal Music und stillen Meditationen beklagt Anderson in ihren Texten den Verlust der Erinnerungen, warnt vor dem selbst verursachten Untergang der Menschheit.